Tagebuch

Erdgasbohrung in Reichling – Ausweitung bis nach Utting geplant

Der kanadische Konzern MFC Energy hat die Erlaubnis erhalten, in Reichling (LKR. LL) nach Erdgas zu bohren. Welche Folgen -sowohl positive als auch negative – das mit sich bringt. Und wie Gegner*innen versuchen, die Bohrung doch noch aufzuhalten.


Reichling ist ein kleines Dorf zwischen Landsberg und Schongau, das kaum 1700 Einwohner zählt. Doch ausgerechnet dort ist ein Streit entbrannt, der stellvertretend für die Energiewende in Deutschland ist. Geht man mit MFC Energy und dem bayerischen Wirtschaftsministerium, so könnte die Erdgasbohrung ein wichtiger Schritt sein, um von russischem Erdgas unabhängig zu werden und die Energieversorgung sicherzustellen. Greenpeace und Bürger*innen argumentieren jedoch angesichts des Ziels, Bayern bis ins Jahr 2040 klimaneutral zu machen, wäre eine weitere Förderung fossiler Brennstoffe ein Schritt in die völlig falsche Richtung.

 

Was ist geplant?

 

Bereits im Jahr 2022 genehmigte der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die Bohrungen im Gebiet „Lech“, das Reichling inkludiert. Am 26.06 2024 wurde nun die Genehmigung für eine erste Testbohrung erteilt. Die dafür gerodete Fläche ist bereits deutlich zu erkennen.

Im Jahr 2023 wurden ebenfalls der Genexco GmbH, einer Tochter des kanadischen Konzerns MFC Energy, die Rechte an einer Bohrung im Gebiet „Lech Ost“ überschrieben. Die Planungen für diesen Bereich sind noch nicht so konkret wie im Gebiet „Lech“, ein Bohrbeginn steht dort also noch nicht fest. Das Gebiet „Lech Ost“ inkludiert auch Utting und Dießen am Ammersee.

Fracking, also das Bohren nach Erdgas mit hohem Druck, soll in beiden Gebieten nicht eingesetzt werden. Diese Variante der Förderung steht besonders wegen der Gefahren für das Grundwasser in der Kritik.

 

Das spricht dafür (pro Erdgasbohrung)

 

Die Genehmigung wurde bereits im Jahr 2022 erteilt – also in einer Zeit, in der Russlands Überfall auf die Ukraine nur wenige Monate zurücklag und ganz Deutschland wegen des Wegfalls russischen Gases eine Energiekrise befürchtete. Das Erdgas aus Reichling könnte also helfen, unabhängig von Importen zu werden und so die eigene Energieversorgungsicherzustellen. Zwar wurden 2023 erstmals über 60% des Stroms mit Erneuerbaren erzeugt, doch noch immer sind wir auf fossile Energieträger angewiesen. Die Förderung des Erdgases wird höchstens bis ins Jahr 2040 andauern – denn bis dahin will Bayern klimaneutral sein. Und dann wird auch das Verbrennen von Erdgas verboten sein.

 

Das spricht dagegen (contra Erdgasbohrung)

 

Nach dem 26.06, dem Termin an dem die Genehmigung für die Probebohrungen erteilt wurde, formierte sich Widerstand dagegen. Eine Bürgerinitiative fordert das sofortige Ende der Probebohrungen und positioniert sich klar gegen die Pläne des Konzerns MFC Energy. Die Bürger*innen verweisen auf andere Orte, wo solche Projekte ebenfalls durch Bürgerprotest noch verhindert wurden. 

Die Bürgerinitiative bemängelt vor allem die Lage der Bohrstelle neben einem Trinkwasserschutzgebiet, einem FFH- Schutzgebiet für die Natur und einem Wohngebiet. Sie befürchtet durch die Bohrungen eine Schädigung des Trinkwassers und Lärmbelästigung für die Anwohner*innen. Zudem gehe der Erlös des geförderten Erdöls nach Kanada und die Kommune Reichling sowie die Bürger*innen hätten keinen Vorteil davon.

Die Bürgerinitiative wird unterstützt von Fridays for Future und Greenpeace. Diese bemängeln besonders, dass eine neue Erdgasbohrung jetzt ein Schritt in die völlig falsche Richtung wäre. "Nur wenige Wochen nach dem verheerenden Hochwasser in Bayern lässt das Wirtschaftsministerium es zu, dass in Bayern nach Gas gebohrt werden darf. Dabei haben uns die Fluten Anfang Juni gezeigt, wie unsere Zukunft aussieht, wenn wir weiter klimaschädliches Gas verbrennen.“ So Saskia Reinbeck, Energieexpertin bei Greenpeace.

 

Wie es weiter geht

 

In Gesprächen mit unsere Redaktion gab sich die Bürgerinitiative optimistisch. Man freue sich über jede Hilfe. Etwa das Sammeln von Unterschriften gegen die Erdgasbohrungen. Die Unterschriftenlisten können auf der Website der Initiative unter www.BI-ReichlingLudenhausen.de heruntergeladen werden. Auch über neue Demonstrationen - am 04.07 gab es bereits eine erste - wird hier Auskunft gegeben.

Finden sich genug Gegner*innen, so wird das Projekt Erdgasförderung in Reichling wohl abgesagt. Kann aber in Reichling plangemäß gefördert werden, so wird höchstwahrscheinlich das Gebiet „Lech Ost“, welches Utting und Dießen inkludiert, nicht mehr zu verhindern sein.